Kunstaktion anlässlich der Demenz-Woche im Rhein-Erft-Kreis, April 2022

Demenz – Wenn das Ich erlischt

Es fängt so schleichend an. Man findet die Brille nicht. Hat vergessen, was man eben noch tun wollte. Geht einkaufen, ohne den Mantel anzuziehen. Sorgen werden kleingeredet: Im Alter vergisst man schon mal was. Und so lange man sich noch so genau an Erlebnisse aus der Kindheit erinnern kann, ist alles in Ordnung.

Doch das ist es nicht. Demenz, dieser grausame Dieb, der nach und nach alles stiehlt, was die Persönlichkeit des einzelnen Menschen ausmacht – und damit seine Identität auslöscht – tarnt sich hinter einer Wand aus frühen Erinnerungen, die unangetastet bleiben. Manchmal sogar stärker werden. Vorerst. Man kann sie trügerisch leicht abrufen. Mit einem Lied. Einem Geruch. Einem Kinderreim. Und während der Betroffene noch lächelnd mitsingt oder ein Gedicht aus der Schulzeit zitiert und sich an die Hoffnung klammert, dass alles in Ordnung ist, verblasst sein Verstand. Stück für Stück, wie Bilder in einem Fotoalbum, wird ihm alles genommen, was er erlernt oder erfahren hatte. Was er war.

Bis nichts mehr bleibt. Wenn der letzte Kinderreim verhallt und die letzte Erinnerung aus dem Fotoalbum des Lebens getilgt ist, gibt es auch den Menschen nicht mehr. Nur noch seine Hülle, ein weißes Blatt. Beliebig austauschbar und ohne Identität.
Mit seiner Kunstaktion „Demenz – Wenn das Ich erlischt“ will Dennis Josef Meseg auf das Schicksal von Demenzkranken und ihren Angehörigen aufmerksam machen. Zwölf weiß umwickelte Schaufensterfiguren mit Symptombeschreibungen wie“ Persönliche Farben verlieren“, „Erinnerung- Zeitreise“, „Verlust“, „Verwirrung“, „Würde verlieren“, „Schleichender Abschied“, „Filmriss“, „Gefühle bleiben“ und „Selbstbestimmung“, sind stellvertretend für die meist weiblichen Betroffenen dieser Krankheit überall in der Stadt Wesseling aufgestellt.

Jede Figur hat einen „Paten“, z.B. eine Apotheke, vor deren Geschäft diese Figur zusammen mit einem Infostand der Seniorenstelle Wesseling gezeigt wird. Aufklärung zum Thema „Demenz“ ist in unserer alternden Gesellschaft wichtiger denn je. Es kann jeden treffen, und niemand sollte sich abwenden. Denn das Einzige, was man dieser finalen Tragödie entgegensetzen kann, ist Menschlichkeit.

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6. Demenzwoche im Rhein-Erft-Kreis

Standorte in 50389 Wesseling:

1. Fachstelle für Senioren MARKT
An St. Germanus 11

2. Rathaus Foyer MARKT
Alfons-Müller-Platz

3. Stadtbücherei MARKT
Alfons-Müller-Platz

4. Optik & Hörakustik Weibeler
Bahnhofstr. 35

5. Tagespflege der Diakonie Michaelshoven MARKT
Bahnhofstr.12

6 Caritas Beratungsstelle
katholisches Gemeindezentrum St. Germanus
Bonner Str. 11

7. Jonen Augenoptik Hörakustik
Flach.Fengler-Str. 75

8. Caritas-Sozialstation
Flach-Fengler-Str. 116

9. Evangelisches Gemeindezentrum Kreuzkirche
Kronenweg 67

10. Präses-Held-Haus
Pflegeheim Alfterstr. 2

11. Sport- und Gesundheitszentrum Wesseling
Keldenicher Str.12

12. Entenfang-Apotheke
Berzdorf, Hauptstr. 70

Zeitfenster

6 Uhr. Während ich aus dem Fenster in den kalten dunklen Morgen schaue, spüre ich die Schwere meines Körpers. In vier Stunden wird mein Sohn auf der Welt sein.

12 Uhr. Während ich aus dem Fenster in die Ferne schaue, kochen die Spaghetti. Gleich wird er mit dem viel zu schweren Schulranzen nach Hause kommen.

18 Uhr. Während ich aus dem Fenster in den strahlenden Sommerabend schaue, startet mein Sohn sein Motorrad. Wo er wohl hin fährt?

24 Uhr. Während ich aus irgendeinem Fenster in die dunkle Nacht schaue, weiß ich weder die Uhrzeit noch das Datum. Aber ich warte auf meinen Sohn.

Den netten Mann, der mich heute Nachmittag besucht hat, kenne ich nicht. Aber er hat den gleichen Leberfleck auf der Stirn wie mein Sohn.

Gedanken der Autorin Irmgard Maria Jansen-Otto (www.irmgardskunst.de):
„Im falschen Film?“
Was passiert mit uns, wenn unsere Zeit nicht mehr linear verläuft? Wenn unsere Erinnerung wie ein Film an beliebiger Stelle zu stoppen und abzuspulen ist. Ich bin dennoch immer in „meinem Film!“